Neue ZDF-Doku zu den Hintergründen der Skandal-WM 2022

„Geheimsache Katar“: WM-Botschafter hält Homosexualität für "geistigen Schaden"

08.11.2022 um 12:11 Uhr

Die Welt staunte, als die Fifa 2010 Katar zum Gastgeber der Weltmeisterschaft machte. Wie konnte es dazu kommen? Die bemerkenswerte Doku zur Fußball-WM in Katar zeigt dazu den offenkundigen Irrsinn in der Wüste und ein Interview mit homophoben Äußerungen eines WM-Botschafters.

Ein Artikel von TV DIGITAL Reporter Thomas Kunze

So umstritten wie die WM in Katar, die am 20.11. startet, war bislang noch kein Turnier. Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung von Leiharbeitern, Tote beim Bau der Stadien: Die Vorwürfe reißen nicht ab. ZDF-Journalist Jochen Breyer, der bei der WM moderieren wird, hat genauer hingesehen: „Ich wollte nachvollziehen, wie Katar es schaffte, die WM ins Land zu holen, an den unwahrscheinlichsten Ort der Welt, in einen kleinen Wüstenstaat, wo es im Sommer eigentlich viel zu heiß ist, um Fußball zu spielen.“ Breyers Doku „Geheimsache Katar“ ist am 8. November um 20.15 Uhr im ZDF und in der ZDF-Mediathek zu sehen.

Zweimal reiste er nach Katar, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Ursprünglich sollte die WM im Sommer ausgetragen werden. Breyer war deshalb extra im Juni im Land: „Ich habe noch nie zuvor in meinem Leben so eine Hitze erlebt. Es waren 47 Grad, und dazu zog auch noch ein Wüstensturm auf. Das Turnier wäre mit hohen gesundheitlichen Risiken verbunden gewesen. Trotzdem haben die Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees 2010 den Zuschlag gegeben.“ Nun wird in der Adventszeit gespielt, das Finale ist sechs Tage vor Heiligabend. Schon seit Jahren laufen Untersuchungen des FBI wegen Korruption. Es scheint eindeutig, dass Stimmen gekauft wurden. Doch Beweise fehlen bisher.

Breyer sprach darüber mit Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter. Doch der schiebt den Schwarzen Peter Ex-Uefa-Präsident Michel Platini zu, der 2015 von der Fifa suspendiert wurde. Blatter verweist auf ein Essen im Élysée-Palast im November 2010, zehn Tage vor der Vergabe der WM. Außer Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Platini sollen daran der Emir von Katar, der katarische Premierminister und der Präsident von Paris Saint-Germain teilgenommen haben. Es wird vermutet, Platini habe den WM-Deal damals eingefädelt.

„Blatter hat diese These bestätigt“, so Breyer. Der ZDF-Mann untersucht auch das Netzwerk der Scheichs. „Wir haben recherchiert, wie sie es schafften, europäische Clubs und Ligen hinter sich zu bringen, sodass die sich mit Kritik an Katar zurückhalten. Es ist bekannt, dass sie Paris Saint-Germain gekauft haben und den FC Bayern sponsern. Zudem besitzen sie den TV-Sender beIN Sports, über den sie die europäischen Ligen senden.“

Millionen von Arbeitssklaven in Katar

Auch die Menschrechtsverletzungen in Katar sind Thema des Films. Zuletzt haben die WM-Organisatoren Verstöße und die Ausbeutung von Arbeitern eingeräumt und Besserung gelobt. Obwohl man sich im Land kaum frei bewegen kann, ist es Breyer gelungen, mit Einwohnern zu sprechen: „Sie sind dem Emir dankbar, dass er die WM ins Land geholt hat.“ Und nicht nur dafür: Er lässt die rund 300.000 Katarer an den Erdgas-Erlösen teilhaben. „Dadurch sind sie absurd reich.“ Der Rest der 2,7 Millionen Einwohner besteht aus Arbeitsmigranten, die für niedrige Löhne arbeiten müssen.

„Alle Servicekräfte werden aus dem Ausland geholt. Denen geht es zum Teil noch schlechter als den Bauarbeitern. Bei Hausangestellten, die rund um die Uhr arbeiten, kommt es zudem zu Missbrauchsfällen. Da spielt sich viel im Verborgenen ab.“ Am 14. November sendet die ARD einen Themenabend zur WM. Für Das Erste war Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger in Katar. Auch auf seine Erkenntnisse darf man gespannt sein.

Ex-Fußballprofi und WM-Botschafter Katars Khalid Salman bezeichnet Homosexualität im Gespräch mit Jochen Breyer als einen "geistigen Schaden". Schwulsein sei "haram", also verboten. Er habe Probleme damit, wenn Kinder Homo­sexuelle sähen. "Das Wichtigste ist doch: Jeder wird akzeptieren, dass Schwule hierherkommen. Aber sie werden unsere Regeln akzeptieren müssen." Ein Presse­sprecher des WM-Organisations­komitees brach das Interview nach den homophoben Aussagen von Salman ab. Der 52-malige Nationalspieler Thomas Hitzlsperger bekannte sich 2014 zu seiner Homosexualität.

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