Salzburg war das einzige Festival weltweit mit einem gesellschaftsphilosophischen Programm, das sich schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg ein vereinigtes Europa und die Kunst als Mittel zum Frieden auf die Fahnen schreibt. Avantgarde bei den Festspielen? In den 1920er und 1930er Jahren bestimmen Regisseurinnen wie Margarete Wallmann mit neuer Sachlichkeit und modernem Ausdruckstanz die Bühne. Salzburg - eigentlich ein Zufall; auch in der Schweiz oder in Deutschland hatte sich der Festspielgründer schon nach einem geeigneten Ort umgesehen. Stardirigent Arturo Toscanini, der 1933 von der deutschen Regierung verlangt, sofort die Verfolgung von Juden zu stoppen, und als dies nicht geschieht, erbost sein Stammfestival Bayreuth in Richtung Salzburg verlässt, um hier eine künstlerische Widerstandsburg gegen den Nationalsozialismus zu gründen. Der französische Schriftsteller François Mauriac schreibt begeistert: "Deutschland hat keinen schlimmeren Feind als Mozart!" Nachdem Hitlerdeutschland die Salzburger Festspiele 1933 boykottiert, erweist sich Frankreich als Retter. Führende französische Zeitungen wie "Le Temps" drängen ihre Landsleute, die Festspiele zu besuchen, um die österreichische Unabhängigkeit und Wirtschaft zu unterstützen. Zur "Association Mozart-Paris-Salzbourg" in Paris gehören 600 einflussreiche Personen, die Mitgliederliste liest sich wie der "Gotha" (Gothaischer Hofkalender). Und so ist es auch dem Anstieg der französischen Gäste zu verdanken, dass die Festspiele 1933 überleben. Der Film enthüllt auch, wie sehr Salzburg immer von der Lokalpolitik abhängig war. Der 28-jährige Erneuerer der Festspiele, Komponist Gottfried von Einem, wird über eine politische Intrige stolpern. Und "Weltmusiker" Herbert von Karajan beherrscht genauso wie die Festivalgründer die Kunst der Vernetzung, bis die globale Klassikindustrie ihre weltweiten Millionengeschäfte allsommerlich in der "bedeutendsten Provinzstadt der Welt" abwickelt.