Viele Opfer leiden bis heute an Panikattacken

„Ramstein“: Ergreifendes ARD-Drama über das Flugunglück 1988

26.10.2022 um 15:26 Uhr

Der ARD-Spielfilm „Ramstein: Das durchstoßene Herz““ beleuchtet das tragische Unglück auf der USAir-Base in Rheinland-Pfalz - und das große Leid danach.

Ein Artikel von TV DIGITAL Reporter Michael Tokarski

Es beginnt als Festtag und endet als Katastrophe. Am 28. August 1988 strömen Tausende Besucher zum Tag der offenen Tür auf die USAir-Base Ramstein in Rheinland-Pfalz. Um 15.44 Uhr geschieht das Unvorstellbare: Drei Kunstflieger kollidieren in der Luft, eine Maschine stürzt in die Massen. Am Ende sterben 70 Menschen, mehrere Hundert werden verletzt. Jetzt schildert „Ramstein: Das durchstoßene Herz“, benannt nach dem fatalen Flugmanöver, nicht nur die tragischen Ereignisse, sondern zeigt auch, was danach geschah.

Das TV-Drama (Mi, 26. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten) erzählt dabei konsequent aus der Perspektive von Opfern wie Familienvater Robert (Max Hubacher). Schonungslos deckt der Film Versäumnisse auf: fehlerhaftes Sicherheitskonzept, mangelnde Erstversorgung und fehlende psychologische Nachbetreuung. Viele Opfer leiden bis heute an Panikattacken.

Das Filmprojekt "Ramstein" ist seit 1998 in Arbeit

Eine schier unendliche Geschichte ist das Unglück auch für Holger Karsten Schmidt. Der Drehbuchautor („Gladbeck“) arbeitete seit 1998 an dem Stoff. „Damals hatte mich RTL beauftragt, einen Film über Ramstein zu schreiben“, sagt Schmidt im Gespräch. Doch seine Ideen und die des Privatsenders waren zu unterschiedlich. Der Autor hatte eine Nachsorgegruppe, in der Opfer selbst organisiert über ihre Erlebnisse sprechen, besucht. „Danach wusste ich: Diese Geschichte darf keine einzelne Hauptfigur haben. Ich brauche einen ganzen Reigen und darf nichts hinzuerfinden. Es wurde so viel totgeschwiegen, dass es viel Zorn unter den Opfern gab. Ihnen wollte ich gerecht werden.“

Doch wegen des bedrückenden Themas sagten über die Jahre ein halbes Dutzend Sender ab. Letztlich zahlte sich Schmidts Beharrlichkeit aus: Der SWR sagte Ja und liefert im Anschluss an den Film zudem eine Doku. Dass „Ramstein“ möglich war, liegt auch an der Entwicklung der Filmtechnik. Computereffekte sind heute auch fürs TV realisier- und finanzierbar. Bei rund 100 Einstellungen setzte Regisseur Kai Wessel („Die Flucht“) Computertricks ein, so bei der Flugzeugkollision. Großer Aufwand auch in anderen Bereichen: Darsteller saßen bis zu sechs Stunden in der Maske, um Brandwunden geschminkt zu bekommen.

„Rammstein“ spielt auf mehreren Zeitebenen

Dass „Ramstein“ keine leichte Kost ist, liegt aber nicht an den visuellen Schockeffekten, sondern daran, wie ergreifend und eindringlich die Schicksale der Opfer erzählt werden. Für sie ist die Katastrophe Ramstein nicht Jahrzehnte her – es ist, als wäre alles gestern passiert. „Ich wollte ihre Traumatisierung anschaulich machen“, so Schmidt. „Der Film spielt auf mehreren Zeitebenen, springt aber immer wieder unvermittelt zum Unglück zurück. Opfer haben mir erzählt, wie ein banaler Moment im Alltag sie zurückkatapultieren kann. Du rechnest nicht damit, es packt dich und lässt dich nicht mehr los.“ Der letzte Satz lässt sich guten Gewissens auch über den Film „Ramstein“ sagen.

"Ramstein – Die Doku"

Eine ARD-Dokumentation geht in Interviews mit Experten und Politikern den vielen offenen Fragen rund um den Flugtag nach. Der Friedensforscher Erich Schmidt-Eenboom war ein beauftragter Experte im Ramstein Untersuchungsausschuss. Im Interview macht er dem amerikanischen Militär schwere Vorwürfe: "Man muss der US Air Force bescheinigen, dass sie geltende Vorschriften mit tödlichem Ausgang verletzt hat."

"Ramstein – Die Doku" steht hier in der ARD-Mediathek zum Streaming bereit

 

Tags:
Du willst mehr Entertainment-News?
FOLGE UNS AUF GOOGLE NEWS