Eine Frau stirbt - Umstehende filmen statt zu helfen

"Und ihr schaut zu": ARD-Drama nach wahrer Begebenheit geht uns alle an

09.11.2022 um 18:57 Uhr

Das neue ARD-Drama "Und ihr schaut zu" thematisiert anschaulich ein widerwärtiges Phänomen unserer Zeit: Das Gaffen und Blockieren von Rettungskräften an einem Unfallort. 

Mia (Katharina Stark) ist eine lebensfrohe junge Frau und der ganze Stolz ihrer Mutter, der Bäckerin Jenni (Anja Schneider) aus Ulm. Auf der Rückkehr von einem Ausflug wird die Studentin an einer belebten Kreuzung überfahren. Ein Autofahrer erleidet am Steuer einen Herzinfarkt und gibt Vollgas. Mia stirbt am Unfallort.

Nach dem Tod ihrer Tochter wird Jenni im Netz mit Videos von Mias Sterben konfrontiert. Passanten haben alles mitangesehen - doch statt zu helfen, haben sie mit ihren Smartphones gefilmt und rühmen sich sogar für ihre "krassen" Postings. Die schrecklichen Bilder lassen Jenni nicht mehr los. Das Entsetzen und die Wut über die mitleidlose Schaulust der Gaffer nimmt sie völlig gefangen. Für ihre Trauer bleibt kaum Raum. Stattdessen macht sie sich besessen auf die Suche nach den Unfallzuschauern, um sie mit den Auswirkungen ihrer Sensationslust zu konfrontieren.

Der Film (20.15 Uhr im Ersten) ist Teil der ARD-Themenwoche „Wir gesucht! Was hält uns zusammen?“ und beruht auf einer wahren Geschichte, die auch in der anschließenden Doku "Filmen ohne Gnade - Die Lust am Leid der anderen" (21.45 Uhr im Ersten) erzählt wird: Vor fünf Jahren verlor Judith Machacek ihre Tochter Leonie in Holland bei einem Verkehrsunfall. Sie war auf dem Weg zu einer Kunstausstellung. Als sie an einer Ampel wartete, verlor eine Fahrerin die Kontrolle über ihr Auto und verletzte sie tödlich. Noch bevor die Mutter über den Tod ihrer Tochter informiert wurde, kursierten bereits Bilder des tödlichen Unfalls im Netz. Seitdem kämpft Judith Machacek gegen das Gaffen. "Der Tod der anderen ist Unterhaltung geworden. Ich glaube, dass die Menschen völlig vergessen, dass da nicht nur ein Körper liegt, ist die traumatisierte Mutter in der TV-Doku noch immer fassungslos.

Die Gaffer müssen sich vor Gericht verantworten

Im TV-Drama "Und ihr schaut zu" wird die Geschichte der verzweifelten Mutter, die urplötzlich ihre Tochter bei einem Unfall verliert, mit sehr aktuellen rechtlichen Fragen kombiniert. Jenni kann zwei Bloggerinnen ausfindig machen, die die sterbende Mia gefilmt haben. Und sie erfährt, dass ein gestresster Manager sein Auto am Unfallort so hingestellt, dass der Rettungswagen nicht direkt zu Mia eilen konnten. Diese Begleitumstände machen die Mutter so wütend, dass sie sich rechtlichen Beistand sucht, um die Gaffer vor Gericht zu bringen. Die traurige Geschichte endet dann auch im Gerichtssaal.

Man muss wissen: Bilder zu machen, die die „Hilflosigkeit von Personen zur Schau stellen“, ist strafbar. Dafür droht laut Gesetz eine Geldstrafe. Im Extremfall oder bei Wiederholungstätern sind bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe möglich. Bis vor kurzem gab es eine fast absurde Gesetzeslücke: Das Filmen von verletzten Menschen war strafbar, aber das von toten Menschen nicht. Diese Lücke hat man inzwischen geschlossen. Auch die Strafbarkeit des Behinderns von Rettungskräften ist vor wenigen Jahren noch ausgeweitet worden. Es drohen in der Regel Geldstrafen und im Extremfall oder bei Wiederholungstätern sind Freiheitsstrafen bis einem oder sogar bis zu drei Jahren möglich.

"Und ihr schaut zu": Mi, 9. November, 20.15 Uhr im Ersten und in der Mediathek.

"Filmen ohne Gnade - Die Lust am Leid der anderen": Mi, 9. November, 21.45 Uhr im Ersten und in der Mediathek.

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